Thorsten Hiltmann (Münster)
Mittelalterliche Heraldik zwischen Kulturgeschichte und neuen digitalen Methoden
Termin 26. November 2019, 09-11 Uhr, HS 380
Abstract: Wappen waren im Mittelalter allgegenwärtig. Ob in Fürstenpalästen, Kirchen oder Bürgerhäusern, auf Mauern, Wänden oder Fenstern, in Texten oder in essbare Waffeln eingebacken – sie konnten jeden öffentlichen und privaten Raum durchdringen. Dabei kommunizierten sie ihrer Besitzer Identität und Selbstverständnis, konnten politische Parteinahme und soziale Stellung anzeigen und tatsächliche oder behauptete Herkunft sichtbar machen. Sie übertrugen Autorität, gewährten Schutz und stifteten Gedächtnis, konnten Ehre steigern aber auch Schande anzeigen. Ihr Wert als Quellen sollte für die Geschichtsforschung daher erheblich sein. Schaut man sich jedoch die bisherige Forschung an, ist von alledem nur wenig zu sehen. Was auch daran liegen mag, dass die Wappen bisher fast ausschließlich aus hilfswissenschaftlicher Perspektive verstanden und beschrieben wurden und ihr Nutzen oft nur darin gesehen wurde, ihre jeweiligen Besitzer zu identifizieren. Ziel des Vortrags ist es daher, die Geschichte der Wappen aus einem neuen, kulturhistorischen Blickwinkel zu präsentieren. Hier soll nicht mehr danach gefragt werden, nach welchen Regeln Wappen zusammengesetzt waren und was sie möglicherweise bedeuten konnten, sondern wie die Wappen im Mittelalter konkret als Kommunikationsmittel eingesetzt wurden und funktionierten, welche Vorstellungen die Zeitgenossen damit verbanden und welche neuen Perspektiven auf die mittelalterliche Kommunikation, auf Kultur und Gesellschaft sich mit ihrer Hilfe entwickeln lassen.
Dabei will der Beitrag aber auch die Schwierigkeiten in der Bearbeitung heraldischer Quellen nicht verschweigen, wie die schiere Menge der Überlieferung und ihre Heterogenität, aber die besondere Fachsprache und die längst veralteten Hilfsmittel, die uns bisher allein zur Verfügung stehen. Als Ausblick soll der Vortrag daher auch Wege aufzeigen, wie sich diese Hindernisse durch die Anwendung neuer digitalen Methoden in den Geschichtswissenschaften überwinden lassen.